Anthroposophische Medizin

Medizin Menschlicher machen

Was bedeutet "Anthroposophisch?"

Es steht für "anthropos" und "sophia" - die "Weisheit vom Menschen" - im Sinne eines ganzheitlichen Wissens über das Wesen des Menschen.

Die Anthroposophie hat auf verschiedenen Lebensgebieten Erneuerungsbewegungen angeregt, wie die Waldorfschulen, die biologisch- dynamische Landwirtschaft, die Camphill- Bewegung- internationale Dorfgemeinschaften für Behindertenbetreuung, ein alternatives Bank- und Geldwesen und auch in der Medizin und Heilmittelherstellung.

Anthroposophie bedeutet in erster Linie eine Lebenshaltung, die durch einen meditativen Entwicklungsweg Menschen befähigt, ihr Arbeits- und Lebensgebiet mit neuen Augen zu sehen und mit neuen Fähigkeiten zu erfüllen.

 

Anthroposophische Heilweise

Die Integration der Anthroposophie in der Medizin bildet von der stofflichen Faktenwelt der Medizin die Brücke zu den seelischen und geistigen Dimensionen unserer Welt.
In dieser Medizin ist es ein erster Schritt, ein "Bewusstsein seines Menschseins" als Therapeut und Arzt in der Begegnung mit dem Patienten in sich zu tragen - also über rein sachliche Diagnose und Behandlungswege hinaus immer auch den konkreten Menschen vor sich im Auge zu behalten mit seiner ganz persönlichen Situation und seinem Lebensweg.
 
Was bedeutet "Ganzheitlichkeit" in der anthroposophischen Medizin ?

Der Mensch hat durch seinen Körper- wie die ihn umgebende Natur- eine physische Dimension. Auf sie konzentriert sich der überwiegende Teil der heutigen- nach eigenem Verständnis- naturwissenschaftlich- orientierten Medizin: Die Erforschung der toten Materie mit physikalischen, chemischen oder strukturellen Methoden. Hier liegt der Schwerpunkt der Forschung und auf diesem Gebiet wurden auch der Fortschritt der Medizin mit seinen Erfolgen erzielt.

Dadurch wurden aber andere Wesensdimensionen des Menschen- seine Lebendigkeit, seine Empfindungswelt und seine individuelle Einzigartigkeit- bewusst ausgeklammert oder an den Rand gedrängt in Grenzbereiche wie der Psychosomatik, die in aller Munde sind, aber im medizinischen Alltag eher ein Schattendasein führen.

Schon die Qualität des "Lebens" an sich, die wir mit der belebten Natur teilen, erschöpft sich nicht in bloßen komplexen physikalischen-biochemischen Abläufen sondern birgt eine originäre Dimension in sich, die mit einer eigenständigen Erkenntnismethode erfasst werden muss - erst wenn das kausal- analytische Denken zu einem lebendigen, gestaltenden Denken sich weiterentwickelt, beginnt sich diese Lebensdimension zu erschließen.
 
Viele Befindensstörungen, die unsere Patienten berichten, können bei gründlichster "physikalischer" Diagnostik nicht mit einem Krankheitsbild in Einklang gebracht werden, es zeigt der Befund (noch) keine Veränderungen an. Hier liegt beispielsweise eine Störung noch rein im lebendig-funktionalem Bereich vor- in der Schicht der Lebensdimension. Häufig jedoch werden solche Patienten als "psychisch" oder "psychosomatisch" abgetan, da ja für die konventionelle Medizin keine erkennbare Störung vorliegt. In der Lebensschicht liegt aber ein wesentliches Heilungsprinzip- die Selbstheilungskräfte des Menschen. Die Förderung der Selbstheilung ist ein zentrales Motiv der anthroposophischen Medizin.

Auch der seelischen Dimension im Menschen, seiner Empfindungswelt widmet die anthroposophische Medizin besondere Aufmerksamkeit, insbesondere wie ein Mensch "gestimmt" ist - wie das Seelische und Leibliche in einem Zusammenklang oder Missklang zueinander stehen.

Die menschliche Existenz findet ihr Zentrum im Individuell-Einzigartigen, das sich in einer Lebensschrift, der Biographie des Menschen ausdrückt. Diese "Ich"-Dimension bildet sich bis in seinen Körper und dessen Funktionen ab und nimmt in Gesundheit und Krankheit eine zentrale Rolle ein.

Neben dem physisch Leiblichen richtet die anthroposophische Medizin den Blick auch auf diese Dimensionen des Menschen- seine "Wesensglieder" und bezieht sie in die Diagnose und Behandlung mit ein.

Gesundheit bedeutet die Harmonie der verschiedenen Wesensdimensionen des Menschen, Krankheit ein Vereinseitigung im Wesensgliedergefüge. Gesundheit und Krankheit sind Stationen im Entwicklungsweg unseres Lebens. So liegt das Ziel unserer therapeutischen Bemühungen in der Förderung des individuellen Weges unserer Patienten. Therapie ist dann mehr als ein reines Konzept, sondern bekommt für jeden Menschen eine eigene Note. Die anthroposophische Medizin sucht den Weg zu einer wirklichen Heil-Kunst.


Die medikamentösen Therapien der anthroposophischen Medizin:

Unser therapeutisches Ziel liegt in einer Aktivierung der Selbstheilungsfähigkeit der Erkrankten. Auf medikamentöser Ebene wenden wir vor allem Heilmittel aus den Naturreichen an, die als Phytopharmaka und - ähnlich der Homöopathie - als potenzierte Heilmittel verordnet werden. Es existieren weiters spezifische Heilmittelverfahren wie vegetabilisierte Metalle, Kompositionsmittel und spagyrische Medikamente. Am bekanntesten ist die Misteltherapie, die bei Karzinomerkrankungen, aber auch bei einer Reihe anderer Krankheiten angewendet wird.

Wenn die Selbstheilungskräfte nicht ausreichend aktiviert werden können, kommen Allopathische Medikationen zur Anwendung, wobei die Indikationen dazu sehr sorgfältig erwogen werden.


Therapien der anthroposophischen Medizin:

Entsprechend der Vielschichtigkeit des Menschen bedarf es eines umfassenden therapeutischen Zuganges zu den Patienten. Neben den Medikationen umfasst die anthroposophische Medizin auch nicht-medikamentöse Therapien:

Durch Pflegende werden äussere Anwendungen - Auflagen, Wickel, Umschläge und Substanzeinreibungen durchgeführt. Es gibt eine eigene Massagetechnik- die "Rhythmische-Massage"(Hauschka, Wegman) Bäderanwendungen (Bewegungsbäder, Substanzbäder wie Öldispersionsbäder und Überwärmungsbäder).

An Bewegungstherapien ist an erster Stelle die Heileurythmie zu nennen- eine künstlerisch- therapeutische Bewegungsart für ein umfassendes Indikations- Spektrum. Diese Therapie hat über die positive Wirkung auf den Bewegungsmenschen hinaus "Medikamentcharakter" und findet auch bei internen Krankheiten- wie Asthma, Colitis ulcerosa, Krebserkrankungen, chronischer Hepatitis und auch bei psychiatrischen Erkrankungen ihre Anwendung, da durch die Heil-Eurythmie gezielt auf die Lebensschicht des Menschen eingewirkt werden kann.

Zur Aktivierung des Patienten und als Möglichkeit der stärkeren Einbeziehung in den Heilungsverlauf werden künstlerische Therapien angewendet - Maltherapie, Gestaltungstherapie, Musik- und Sprachtherapie - je nach Indikation, mit denen mehr die seelisch - geistige Seite des Menschen angeregt werden kann.

Das Integrieren einer Erkrankung und des Heilungsverlaufes in das eigene Leben wird durch vertiefte ärztliche Gespräche begleitet, auch in Form der Biografie- und Lebensberatung.

 

Geschichtlich:

Begründet wurde die Anthroposophie von dem österreichischen Philosophen, Schriftsteller und Universalgelehrten Dr. Rudolf Steiner, der am Beginn des 20. Jahrhunderts die Grundlagen dieser Kulturbewegung darstellte und in der Freien Hochschule für Geisteswissenschaften in der Schweiz ein Zentrum schuf.

Auch Ärzte schlossen sich dieser Bewegung an und so entstand seit 1920 - vor allem in Zusammenarbeit mit der holländischen Gynäkologin und Masseurin Dr. Ita Wegman die Basis der anthroposophischen Medizin und Heilmittelherstellung.

Es entstanden Kliniken und Forschungsinstitute sowie pharmazeutische Betriebe, die an der Entwicklung der Medizin arbeiten. Mit Frau Dr. Wegman wurde ein umfassendes therapeutisches Konzept entwickelt, das neben Heilmitteln den Einsatz vielfältiger Therapien in den Behandlungen beinhaltet.


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